Alaska, Teil 2: Berge, Küste und Regenzeit

Alaska, Teil 2: Berge, Küste und Regenzeit

Am 26. Juli verlassen wir die Chena Hot Springs (zum 3. Mal…) und fahren nach Fairbanks, wo wir wieder mal das Nötige – Waschen und Einkaufen – erledigen, während uns ein ordentlicher Sturm um die Ohren bläst.

Unser nächstes Ziel ist die Kenai-Halbinsel, wo so bekannte Orte wie Seward und Homer liegen, und die besonders im Juli das Traumziel der internationalen Lachsfischerszene ist. Der direkte Weg würde via Parks Highway nach Palmer und dann auf dem Glenn Highway über Anchorage auf die Halbinsel führen. Am Parks Highway liegt der berühmte Denali NP (wie wir erfahren, hat ist die Strasse jedoch nichts mit dem Nationalpark zu tun, sondern ist nach George A. Parks, zwischen 1925 und 1933 Gouverneur von Alaska, benannt). Aus «landschaftlichen Gründen» möchten wir den Denali aber nicht von Norden, sondern von Osten, via den (ebenfalls berühmten) Denali Highway, anfahren – ein «kleiner Umweg» von 347 km / 216 mi…

Von Fairbanks aus folgen wir deshalb dem Richardson Highway erst mal wieder in südöstlicher Richtung, mit einem Übernachtungsstopp am hübschen Quartz Lake – angeblich der «beste Platz zum Fischen in Alaskas Inneren», nur leider existiert die Fishing Pier wohl schon lange nicht mehr und Ufer, sowie Ufertrail sind fast komplett überwachsen bzw. durch umgestürzte Bäume behindert.
In Delta Junction werden unsere Dieseltanks wieder komplett gefüllt (mal schnell 440.- USD weg…), bevor wir dem Richardson Highway nun nach Süden folgen. Das Wetter ist zunächst noch sehr düster, klart dann aber zunehmend auf, je näher wir der Nordflanke der Alaska Range kommen (die Temperatur beträgt aber trotzdem nur frische 12 °C). Am 11. Juli hatten Überschwemmungen auf einer Länge von 25 km / 16 mi sieben Brücken des Highways weggerissen bzw. beschädigt und eine (nur!) einwöchige Sperrung dieser wichtigen Verbindung nach Valdez verursacht. Es wird noch lange dauern, bis die Schäden komplett behoben sind, doch ist die Strasse immerhin schon wieder einspurig befahrbar (mit Pilot Car). Dank des gemächlichen Tempos kann auch Ozy die immer schöner werdende Landschaft ausgiebig bewundern.

Bald stossen wir wieder auf die Alyeska-Pipeline, die das Öl von der Prudhoe Bay bis zum Terminal in Valdez bringt. Sie überquert auf dieser Strecke die besonders erdbebengefährdeten Denali-Verwerfung, die durch das Abtauchen der Pazifischen unter die Nordamerikanische Platte verursacht wird (auch «Schuld» an der Existenz der Alaska Range). Hier ist die Leitung auf speziellen Gleitschienen gelagert, was einen Bruch auch bei grossen seitlichen Verschiebungen verhindern soll.

Die Strecke wird immer malerischer. Bald geht es durch ein enges Tal, vorbei an der Rainbow Ridge, und dann gelangen wir zum wunderschönen, 11 km langen Summit Lake, der oberhalb der Baumgrenze knapp südlich des Isabel Pass auf 1000 m Höhe liegt und rundum von Gletschern und schneebedeckten Bergen umgeben ist.

Nach einem kleinen Halt beim Gulkana River (bekannt für den Copper River Salmon Run, für den wir aber noch mehr als einen Monat zu früh dran sind), finden wir einen der bisher schönsten Stellplätze – überhaupt!
Wir stehen auf einem Hügel oberhalb des Summit Lake mit 360°-Blick auf die Alaska Range, den Gulkana Gletscher und den überaus beeindruckenden Mount Sanford, einen fast 5’000 m / 8’000 ft hohen Schildvulkan. Der Platz ist so toll (und das Wetter auch), dass wir gleich zwei Nächte bleiben. Ich kann mich an den sich während des Tages immer wieder verändernden Licht und Wolkenstimmungen über den Bergen nicht sattsehen und -fotografieren. Dazu wachsen um unser Auto rote Bearberries und Blueberries. Exzessives Beerenpflücken gebe ich jedoch bald auf, denn einerseits bläst ein eisiger Wind, andererseits dienen die Beeren offenbar nur als Köder – sobald ich mich hinunterbeuge und einen der Büsche störe, steigen Wolken von Moskitos und No-see-ums auf…

 

Als absolutes Highlight (auch wettermässig…) entpuppt sich die Fahrt auf dem Denali Highway. Na ja, zumindest der erste Teil davon. Der asphaltierte westliche Abschnitt führt oberhalb der Baumgrenze durch eine alpine Tundralandschaft voller blau leuchtender Seen und grüner Hügel, durch Täler und auf Eskers und bietet immer wieder atemberaubende Ausblicke auf die diversen schneebedeckten Berge der Alaska Range. Absolut traumhaft! Der östliche Abschnitt ist dann einserseits von der Strasse (Kiessstrasse mit vielen, fiesen Schlaglöchern) andererseits vom Ausblick her (unterhalb der Baumgrenze und daher wieder sichtmässig sehr beschränkt) wesentlich weniger reizvoll. Wir treffen dort auch immer wieder auf Radfahrer, die bei jedem vorbeifahrenden Auto im Staub versinken und fragen uns erstens, wo die überhaupt herkommen und zweitens, weshalb sie sich sowas antun (eine Frage, die sich vermutlich nur Nicht-Radfahrer stellen…).

Ein kleines und sehr kurzes Highlight ist die Sichtung vom Denali an einer Stelle des Grünen Kanals, bevor wir bei Cantwell auf den Parks Highway Richtung Norden und damit Richtung Denali NP einbiegen. Nachdem wir hinter einem Pilotcar durch eine lange Baustelle mit massiven Erdbewegungen geschlichen sind, haben wir es endlich geschafft und fahren in den berühmten Denali Nationalpark. Er ist offenbar tatsächlich DER must-see-Punkt, denn auf die naive Frage nach einem Übernachtungsplatz werden wir freundlich, aber leicht genervt informiert, dass alle Plätze für die nächsten zwei Wochen ausgebucht seien…
Ok, dann halt erst mal ins Visitor Center, wo es eine sehr schön gemachte Ausstellung auf zwei Stockwerken sowie Filme zum Park zu betrachten gibt. Ich würde mich ja für eine Tageswanderung interessieren, aber die muss man natürlich auch reservieren. Und zwar zwei Tage im Voraus, wobei uns die Rangerin rät, ja früh am Morgen da zu sein… Da vergeht mir doch schon wieder die Lust, vor allem, da wir nicht wissen, ob wir in zwei Tagen überhaupt noch da sind…

Zum Übernachten ziehen wir uns erst mal auf einen Hügel ausserhalb des Nationalparks zurück. Hier sorgt die versteckte und nicht ohne weiteres zu befahrende Einfahrt dafür, dass nur relativ kleine, geländetaugliche Fahrzeuge diesen Übernachtungsplatz erreichen. Wir haben denn auch unseren Frieden, lernen die Outdoorcookies Sarah und Kai mit Hund Vinnie und Keksdose (Landrover Defender) kennen, mit denen wir uns gut verstehen, und geniessen einen friedlichen Abend mit schöner Aussicht und «Alpenglühen».

 

Am nächsten Morgen besuchen wir erneut den Denali Nationalpark. Mit dem eigenen Auto darf man nur 24 km / 15 mi bis zum Savage River fahren. Wenn man weiter möchte, muss man entweder am Teklanika River (47 km / 30 mi) campen (können…) oder mit einer Bustour mit: Transit-Bus vom Park für 30 USD oder Tourbus für 104 bzw. 128 USD. Aufgrund eines Erdrutsches fahren dieses Jahr aber auch die Busse nur bis Mile 43 (statt wie sonst bis Mile 93). Ozy wirft einen Blick auf die konvertierten Schulbusse und lehnt dankend ab.

Wir fahren also so weit wie es auf eigenen Rädern geht, wobei wir ein einsames Karibu sichten. Vom Savage River starte ich auf den Alpine Trail, während sich Ozy an dessen Ende einen Parkplatz sucht und netterweise gut zweieinhalb Stunden auf mich wartet, während ich den ordentlich steilen, aber mit wunderschönen Blumen bestückten Weg wandere. Die Ausblicke sind auch ganz hübsch, wenn auch nicht so spektakulär wie erwartet. Obwohl der Park den gleichen Namen hat wie der Berg – ehemals Mount McKinley, seit 2015 offiziell Denali, was in der Sprache der Athabaska «Der Hohe (Berg)» heisst – und dieser auch auf dem Gebiet des Denali National Park and Preserve liegt, wurde das Schutzgebiet in erster Linie zur Erhaltung der Dall Sheep und ihres Lebensraums geschaffen. Das führt unter Umständen zu leichten Enttäuschungen… Ich weiss nicht einmal, ob ich den Berg von hier aus sehen könnte, denn dicke Wolken verhindern heute jegliche Sicht auf höhrere Berge.

Nach einer kurzen Pause beim Visitor Center habe ich das Gefühl, dass ich zusätzlich eine kleine Wanderung um den Horseshoe Lake anhängen könnte. Der von Bibern noch mehr aufgestaute, dunkel-türkisfarbene See liegt malerisch in einem Talkessel. Die tierischen Baumeister sehe ich zwar nicht, aber dafür kann ich ein Hermelin beobachten, das sich von mir überhaupt nicht stören lässt und auf der Suche nach Beute buchstäblich wieselflink zwischen den Felsen herumhuscht. So schön!!!

Zurück auf dem Parkplatz treffen wir zwei Schweizer (Denali als Hotspot ist überhaupt voll mit schweizer und deutschen, französischen und belgischen Reisenden) und dann wenig später unsere Freunde Sibylle und Hermann, die eine Bustour für den nächsten Tag buchen wollen.

Zurück auf dem Hügel begegnen wir einer französischen Familie, die uns ihre Reservation für eine in zwei Tagen gebuchte Campsite im Nationalpark überlässt. Ich gebe ihnen eine 20er-Note dafür (dann haben sie wenigstens etwas, wenn sie schon nicht im Park campen können. Schliesslich brauchen wir die Reservierung aber dann auch nicht, weil Ozy keine Lust hat, für eine Nacht in den Park umzuziehen…).
Den Abend lassen wir feucht-fröhlich mit unseren Freunden Sibylle und Hermann ausklingen, die auch auf dem Hügel übernachten. Wie üblich wird es auch heute etwas später, obwohl die beiden am Morgen früh raus müssen, um auf die Tour zu gehen.

Wir bleiben derweil auf «unserem» Hügel und Ozy untersucht, weshalb es uns in letzter Zeit häufiger die «Sicherung raushaut». Schliesslich findet er den Fehler: beim Inverter ist eine Schraube locker und die schlecht sitzende Verbindung hat immer wieder eine Überlastungs-Abschaltung ausgelöst. Nachdem die Schraube wieder sitzt, läuft der Inverter tiptop und unterstützt sogar unser mobiles Induktionsfeld auf höchster Stufe (1500 W), was vorher nie geklappt hat.

Am frühen Abend kann ich Ozy überreden, zum Parks 229 Restaurant & Tavern von Chef Laura Cole zu fahren, das ich schon lange auf meiner Wunschliste habe. Unglücklicherweise haben sie nur am Wochenende offen und machen – noch schlimmer – in zwei Wochen ganz zu (sie hat die Liegenschaft an Alaska Geographic verkauft, die einen Campus daraus machen wollen). Das hat natürlich zur Folge, dass es keinen Platz für uns hat… Oh well, dann halt wieder zurück auf unseren Hügel. Schnief. Das ist einer der Nachteile, wenn man so wie wir «von Tag zu Tag» lebt…

 

Die nächsten zwei Tage machen wir einfach mal Pause. Am 3. August raffen wir uns auf und gehen die Schlittenhunde-Demonstration im Nationalpark anschauen. Der Denali NP ist der einzige in den USA, der seine eigenen Schlittenhunde hat, um im Winter diverse Aufgaben zu erfüllen: Kontrolle des Nationalparks, Transport von Baumaterial in den Park und von im Sommer gesammeltem Abfall aus dem Park und nicht zuletzt Transportmittel für Forscher und deren Materialien. Im Park werden die Alaskan Huskies nicht nur gehalten, sondern auch gezüchtet, wobei besonderer Wert auf Stärke und Ausdauer gelegt wird (sie sind grösser und kompakter als die üblichen «Renn-Schlittenhunde» und haben ein besonders dichtes Fell). Wir haben vorher den sehr interessanten Film über die canine rangers im Visitor Center geschaut und hören jetzt anlässlich der Demo weitere spannende Geschichten und Informationen (Infos und Film unter: https://www.nps.gov/dena/planyourvisit/kennels.htm). Nachdem die Hunde angespannt wurden, das Gespann eine Runde gedreht hat, alles erklärt wurde und die Hunde selbst wieder zu ihren Plätzen im Zwinger gerannt sind, können wir die Tiere (neben den Erwachsenen hat es auch Welpen – sooo süss!) dann noch selbständig anschauen und die anwesenden Ranger mit Fragen löchern. Ein Ausflug, der sich wirklich gelohnt hat!

Ich habe noch Lust auf etwas Bewegung und laufe vom Zwinger zurück. Im Gegensatz zu den ersten beiden Wanderungen ist der Rock Creek Trail durch den Wald nur sehr wenig begangen. Die Blaubeeren sind reif und die Pilze zahlreich ich hoffe einfach, dass ich keinem Bären begegne… Zum Glück scheinen sie aber anderweitig beschäftigt zu sein, so dass ich wohlbehalten zum Visitor Center komme, wo Ozy wieder einmal geduldig auf mich wartet.   

 

Nach einem weiteren gemütlichen Abend zu viert brechen «D-Hais» und wir am nächsten Morgen unsere Zelte ab, um Richtung Süden zu fahren, da es laut Wettervorhersage ab morgen schlecht werden soll. Und wir wollen doch endlich mal noch den Denali sehen!
Wir verabschieden uns vorläufig von unseren Freunden (da auch sie auf dem Weg zur Kenai-Halbinsel sind, werden wir uns vermutlich irgendwo wieder treffen) und machen uns voller Vorfreude und bei strahlendem Sonnenschein auf den Weg – nur um festzustellen, dass sich die Wolken südseitig an der Alaska Range stauen: Vom südlichen Aussichtspunkt im Denali State Park sehen wir vom berühmten Berg sowie der ganzen, ebenfalls imposanten Bergkette nur das Foto auf der Übersichtstafel… Oh well.

In Trapper Creek kaufen wir in Cubby’s Market ein (riesige Tomaten aus Alaska), bevor wir uns auf der Petersville Road in die Wildnis begeben. Durch Sümpfe (mit Elchen) und Wälder (mit Schneehühnern) geht es zum Forks Roadhouse. Danach wird die Strasse, die zur ehemaligen Goldgräberstadt Petersville führt, ziemlich schlecht. Aber es wird daran gearbeitet. Es hat fast keine Bäume mehr (vermutlich alle fürs Mining gebraucht…), was wir ausblickstechnisch sehr schätzen. Hoch über dem Peters Creek geht es weiter, bis wir nach der Überquerung eines Bachlaufs auf einer Insel einen hübschen Übernachtungsplatz finden, auf dem wir uns ein bisschen wie im Film «Into the Wild» vorkommen (der Bus stand sozusagen in der Gegend, einfach nördlich vom Denali NP). Es ist sehr wildromantisch hier und man könnte sogar legal Gold waschen (Petersville Recreational Mining Area). Da das Wetter für unseren Geschmack jedoch nicht sehr einladend ist (und wir zufällig unsere Goldpfanne nicht dabei haben 😉 ), machen wir es uns in unserem Häuschen gemütlich.

 

Am nächsten Morgen ist es noch trüber und mit 9 °C auch noch kälter. Wir beobachten ein paar Schneehühner, die um unser Auto wuseln, und machen uns dann wieder auf den Rückweg. Bei dem Wetter bringt es nichts, hier zu bleiben, auch wenn uns die wilde Einsamkeit sehr gefallen hat.

Nun machen wir uns auf die Suche nach einem neuen Platz. Der erste, den wir uns angucken, gefällt uns nicht, der zweite ist voll (Lachssaison…) und auf dem dritten bleiben wir schliesslich: Auf dem Gebiet der Caswell Creek Fishing Site darf man gratis stehenbleiben und überraschenderweise hat es nur wenig Leute. Ich stelle bald fest, warum: der Caswell Creek, zu dem man über eine steile Treppe bzw. einen ebensolchen Pfad hinunterkraxeln kann, ist stark mit Gras bewachsen. Einer der wenigen Fischer sagt, dass man hier normalerweise gar nicht fischen könne; dieses Jahr nur, weil es besonders viel Wasser habe. Nachdem ich sehe, dass immer wieder einmal ein Lachs aus dem Wasser gezogen wird, möchte ich mein Glück doch auch mal versuchen. Während ich mich abmühe, ziehen die Fischer rechts und links von mir immer wieder Lachse ‘raus. Ich versuche es am Morgen. Und am Abend. Und wieder am Morgen. Und nochmals am Abend. Im Regen und bei Wolken (sehr selten im Sonnenschein). Mit verschiedenen Blinkern. Stromaufwärts, Stromabwärts. Ohne Glück. Ich ziehe tonnenweise Gras heraus und verliere über die ganzen Versuche drei meiner Blinker, die sich in irgendwelchem Holz unter Wasser verfangen. Dass es nicht an meinen Knoten liegt (und auch nicht an der Angelschnur) sehe ich daran, dass am Ende sogar noch die Billig-Angelrute bricht! So ein Mist! Aber ich bin im Jagdfieber und möchte einfach noch einen Versuch machen. Zum Glück habe ich eine Teleskopangelrute, so dass ich das gebrochene Stück ins darunterliegende schieben und beid zusammenbinden kann. Ein letzter Versuch mit meinem meinem letzten Blinker (ein Allround Rot-Weiss-Blinker, den mir Don geschenkt hatte). Und plötzlich habe ich einen an der Angel! Ich habe natürlich prompt ein Knuddelmuddel mit der Rolle und denke, dass der Fisch nun vom Haken ist, aber er ist noch dran! Ein freundlicher Mitangler ist zur Stelle und haut dem Fisch vom Ufer aus eins auf den Kopf, so dass ich ihn dann auch noch ganz an Land bekomme! Mein erster, 2.45 kg schwerer, wunderschöner Silberlachs (Coho Salmon)!!! Ich bin ganz aufgeregt und wahnsinnig stolz (dabei war es offensichtlich reine Glückssache. Aber ein bisschen Glück muss man ja auch mal haben!). Ich lasse das Tier kunstgerecht ausbluten und bringe es ganz stolz (und unausgenommen) zu Ozy. Das anschliessende Filettieren in unserer Küche entpuppt sich als nicht ganz einfach, da der Fisch so gross ist und ich ausserdem kein geeignetes Messer habe (ich hätte nie gedacht, wie zäh Lachshaut ist). Schliesslich ist es aber doch geschafft und wir haben 1.2 kg frisches Lachsfilet! Drei Viertel werden eingefroren (Tiefkühler voll…), ein halbes Filet kommt in den Kühlschrank für morgen Abend.

 

Am nächsten Mittag ziehen wir weiter (am Morgen musste ich natürlich nochmals fischen… 😉). Es ist 13 °C und so richtig «grusig». Wir fahren nicht sehr weit, nur bis Anchorage. Auf dem Weg benützen wir die Gelegenheit, bei einer Vitus-Tankstelle in Chugiak zu duschen (die drei Duschen befinden sich gleich im hauseigenen Waschsalon, was wir uns für die Rückfahrt merken).
Anchorage selbst lassen wir dann aufgrund des schlechten Wetters aus und fahren direkt zu Cabela’s im Süden der Stadt, wo man gratis stehenbleiben darf. Als wir auf den – von zahlreichen Campern, Mietmobilen und Reisenden bevölkerten – Parkplatz kommen, entdecken wir zu unserer Überraschung «Kurma» von Gabi und Jürgen! Neben ihnen hat es noch Platz und es gibt ein freudiges Wiedersehen! – Das letzte Mal hatten wir uns im Oktober ’21 in Cancún getroffen. Wir waren die ganze Zeit über in Kontakt und wussten, dass sie auch auf dem Weg Richtung Alaska waren, hatten aber irgendwie nicht damit gerechnet, sie in Anchorage anzutreffen!
Wir gehen noch in den Cabela’s, wo wir die ausgestellten Tiere bewundern (hier sogar Wale – und ein Wasserflugzeug) und ich mich mit Blinkern und Haken etc., einem Filettiermesser und einer neuen Angelrute eindecke. Der nächste Lachs kann kommen!
Erst einmal wird aber das Viertel-Filet von gestern verspeist! Nur mit Buttersauce und Zitrone! Einfach köstlich!!! Nach dem Essen sitzen wir noch lange mit unseren Reisefreunden zusammen, erzählen uns vom letzten dreiviertel Jahr und tauschen Tipps und Geschichten aus. Da sie ebenfalls auf dem Weg Richtung Kenai-Halbinsel sind, hoffen wir, dass wir uns in nächster Zeit noch ein paar Mal sehen werden.

Am nächsten Morgen starten wir Richtung Süden. Beim Abfahren treffen wir die (weitgereisten) Brigitte und Daniel mit ihrem Bremach T-Rex und tauschen und angeregt über unsere Reisen aus. Danach folgen wir dem Turnagain Arm des Cook Inlet, der berühmt ist für seine landschaftliche Schönheit, eine Bore Tide (Gezeitenwelle) und nicht zuletzt für die Sichtung von Belugawalen im Juli und August. Ersteres können wir uns noch so knapp vorstellen, von den beiden anderen Sehenswürdigkeiten bekommen wir nichts mit, weil uns das Wetter einfach zu grusig ist, um an einem der Aussichtspunkte stehenzubleiben. Immerhin reissen die Wolken gerade noch so weit auf, um uns einen kleinen Blick auf den Portage Glacier zu erlauben.

Bei Regen kommen wir auf die Kenai-Halbinsel und folgen dem Seward Highway weiter Richtung Seward. Auch das wäre eine schöne Strecke durch die Kenai-Bergkette, vorbei an verschiedenen Seen – wenn man etwas davon sehen würde…

Kurz vor Seward biegen wir ins Tal des Resurrection River ab, wo man auf einer Sandbank übernachten kann. Auf dem Weg entdecken wir einen Pickup, der von der Strasse abgekommen ist. Der Herr ist nach eigener Aussage auf dem schmalen Ausstellplatz mit dem Rad auf die weiche Grasböschung geraten und abgerutscht. Sein Freund, dem das Auto gehört, ist auch schon vor Ort, doch nehmen sie unsere Hilfe gerne an. Ozy hängt den Pickup hinten an, zieht und schon steht er wieder auf der Strasse, wo er hingehört.
Ein kleines Stück weiter führt ein Strässchen durch den Wald auf die Sandbank – die schon gut besetzt ist! Überall Camper und Reisende! Wir suchen uns einen Platz aus – und entdecken auf dem Weg dorthin das D-Hai! Sibylle und Hermann stehen zusammen mit dem Whaly von Linda und Sandro (https://www.howis-web.ch/) und wir gesellen uns natürlich dazu! Whaly hatten wir bereits Ende Juni in Delta Junction gesehen, die beiden aber gerade verpasst. Sandro kocht feine Spaghetti für alle (danke!) und wir erleben wieder einen gemütlichen und feucht-fröhlichen Abend im D-Hai, während draussen der Sonnenuntergang hinter den Wolken für eine mystische Stimmung sorgt. Erneut wird es später – und erneut müssen Sibylle und Hermann am nächsten Morgen früh raus… Sie haben eine Bootstour von Seward aus gebucht, während wir ausschlafen können.

 

Allzu lange hält es uns heute Morgen aber auch nicht im Bett, denn es ist schönes Wetter! Ja! Sonnenschein und strahlend blauer Himmel!!! Genau das Richtige für einen Ausflug zum Exit Glacier! Der Gletscher ist eine der 40 Eiszungen, die vom rund 2’000 km2 grossen Harding Icefield ausgehen, das einen Teil der Kenai Mountains bedeckt. Der Exit Glacier ist Teil des Kenai Fjords National Parks (der einzige Teil, der mit dem Auto zugänglich ist) und man kann auf Trails diverse Aussichtspunkte auf den Gletscher und das Harding Icefield erwandern. Ich gehe den Gletscher von der Nähe aus angucken, schenke mir aber die steile Tageswanderung zur Eiskappe (im Gegensatz zu Linda und Sandro, die auch wesentlich sportlicher sind…). Der Weg zum Glacier Overlook ist sehr schön. Er führt zu einem grossen Teil durch den Wald, vorbei an blühenden Arktischen Weidenröschen, Holunder mit tiefroten Beerendolden und leuchtgrünen Moosteppichen. Immer wieder hat man Ausblicke auf die teils bewaldete Schwemmebene mit Resten der diversen Endmoränen, die glattgeschliffenen Felsen und natürlich nicht zuletzt auf den Gletscher selbst, dessen Ende sich aktuell in einem engen Canyon befindet. Für meinen Geschmack hat es hier schon wieder zu viele Menschen, aber der Gletscher ist ja auch ein Highlight.

Als nächstes machen wir einen Ausflug ins nahegelegene Seward, offiziell die «Wandbild-Hauptstadt Alaskas», und fahren bis zum Lowell Point, dem südlichsten mit dem Auto erreichbaren Punkt an der Resurrection Bay.
Man könnte auf dem städtischen Campground in Seward bleiben, aber abgesehen von den meist schönen Malereien begeistert uns der Ort nicht so sehr. Auch wenn wir gerne nochmals einen Abend mit unseren Reisefreunden verbringen würden (Sandro hatte auch angekündigt, einen selbstgefangenen Lachs zum Abendessen zuzubereiten – eine wirklich verlockende Aussicht!), entschliessen wir uns, weiter Richtung Soldotna und Homer zu fahren. Es ist noch relativ früh und es kommen schon wieder Wolken auf. Da möchten wir das schöne Wetter (mit angenehmen 17 °C) auszunutzen.

Bald biegen wir auf den Sterling Highway ab, ein Stück weit dem leuchtend blauen Kenai River folgt. Der Fluss ist berühmt für die Lachsfischerei und wir fahren zur Skilak Road, wo mir Sandro eine Stelle beschrieben hat, an der er ganz viele Lachse gefangen hat. Das möchte ich auch probieren! Wir finden den Parkplatz, von dem aus ein Pfad gute 300 m bis zum Fluss hinunterführt. Ich gehe erst mal «unbewaffnet», um die Situation anzugucken und stelle fest, dass der knappe Uferplatz schon mit Fischern besetzt ist. Zum von Sandro angegebenen Ort, der weiter flussabwärts liegt, gehe ich nicht, da die Super-Stelle selbst nur mit Wathosen zugänglich ist (und ich auch keinem Bären begegnen möchte). Leider dürfen wir hier nicht stehenbleiben, da im Kenai Wildlife Refuge das Überachten nur in designated campgrounds erlaubt ist. Aber nicht allzu weit entfernt am Jean Lake hat es einen solchen, wo man sogar gratis stehen kann. Hier können wir einen Loon beobachten und erleben einen der bisher dramatischsten und schönsten Sonnenuntergänge ever – und dazu sogar noch einen «Sonnenuntergangs-Regenbogen»! Absolut fantastisch! Der einzige Wermutstropfen ist, dass der Regenbogen der Vorbote des Regenwetters ist, das uns den Rest unserer Zeit auf der Kenai-Halbinsel begleiten wird…

 

Am nächsten Morgen machen wir nochmals einen kurzen Ausflug zum Fluss, wo ich mein Glück probiere. Betonung auf «probieren», denn ich sehe zwar die Lachse vorbeischwimmen, erwische aber keinen. Dafür ziehe ich eine ganze Menge fremder Angelschnüre und gewichteter Dreifachhaken (snagging hooks) heraus…

Dann halt ein weiterer Versuch in Soldotna, das wir nach etwa einer Stunde erreichen. Hier decken wir uns bei Fred Meyer mit Lebensmitteln ein und ergattern dann für zwei Nächte einen Platz auf dem grossen städtischen Centennial Campground (einer von zweien). Hier dreht sich alles ums Lachsfischen. Es gibt lange fish walks, dem Ufer entlang führende Wege, von denen aus immer wieder Treppen auf Fischerplattformen und in den Fluss führen. Dazu verschiedene Fischsäuberungsstationen, teils sogar mit fliessend Wasser, wo angeschrieben steht, dass man dann die Überreste (Innereien und ggf. Kopf und Skelett) in den Fluss werfen und nicht in den Abfalltonnen entsorgen soll (zum Schutz vor Bären und zur Rückgabe der Nährstoffe). Ich versuche auch hier wieder mein Glück. Zuerst von einer Fischtreppe, dann direkt von der Kiesbank am Ufer aus. Diese liegt in der day-use area, das heisst, man kann hier für ein kleines Entgelt auch herkommen, ohne zu campen. Davon wird auch rege Gebrauch gemacht. Ein Fischer reiht sich an den anderen und es ist schon fast schwierig, einen Platz zu finden. Aber ich möchte nochmals einen Lachs fischen! Ob der Kälte blau gefroren (und ohne Lachs) kehre ich einige Zeit später wieder zu unserem Camper zurück und erlebe eine freudige Überraschung: unsere Reisefreunde Gabi und Jürgen sind gerade angekommen! Sie haben sich bei Cabela’s in Anchorage ebenfalls ausgestattet und möchten sich hier im Lachsfischen versuchen!

Am nächsten Tag ziehen wir gemeinsam los. Wir gehen wieder zur Kiesbank, finden einen Platz und werfen unsere Blinker aus, ziehen sie ein, werfen sie aus, ziehen sie ein, … Wir fangen beide nichts – ausser gelegentlich einer Karkasse… – während rechts und links von uns die Anglerinnen und Angler jeden Alters in einer regelmässigen Bewegung ihre Angelrute auswerfen, einen Fisch nach dem anderen aus dem Wasser ziehen – und zu unserem Entsetzen wieder hineinwerfen!!!
Wir gehen der Sache auf den Grund und erfahren zuerst einmal, wie das Fischen aktuell abläuft. Die Leute fischen mit Fliegenfisch-Rute, benutzen aber eine andere Technik: An der Schnur befindet sich ein Gewicht und etwa 1.80 davon ein recht grosser, einzelner Haken (#8), der mit farbigen Wollfäden oder auch nur einer farbigen Perle beködert ist (Dreifach-Haken sind erst ab Mitte August wieder erlaubt). Die Angler stehen am Ufer im Wasser und werfen dann mit einer halbkreisförmigen Bewegung über ihren Kopf in einem 90 °-Winkel nicht sehr weit aus (Ziel ist es, den Haken in die «sweet line», die Linie mit der wenigsten Strömung, zwischen Hauptströmung des Flusses und Gegenströmung dem Ufer entlang, zu bekommen, enlang derer die Lachse flussaufwärts ziehen). Dann führen sie die Angelrute mit der Schnur in einer halbkreisförmigen Bewegung vor sich durch das Wasser. Sobald sie einen Fisch am Ende der Rute spüren, geben sie einen scharfen Ruck – und haben dann den Fisch an der Angel. Wenn sie den Fisch an einer anderen Stelle als im Maul erwischen, müssen sie ihn wieder ins Wasser werfen (was ich eine unmögliche Regelung finde, da der Fisch dann ja verletzt ist…). Und auch sonst werfen sie die meisten Lachse wieder zurück, weil es «nur» Humpies (Pink Salmon = Buckellachse) sind, die kleinste und zahlreichste Pazifische Lachsart. Die Angler hier haben es auf Coho Salmon (Silver Salmon = Silberlachs) abgesehen (die ihren run noch nicht so richtig gestartet haben) und möchten ihre Fangquote nicht mit Humpies füllen, die angeblich minderwertiges Fleisch haben (vermutlich gegenüber Silber- und Königslachs, denn zumindest im Meer sind sie eine sehr wichtige Art für die Fischerei und werden zu Konserven oder auch Rauchlachs verarbeitet).

Die Einheimischen haben schliesslich Mitleid mit uns Greenhorns. Ein Fischer nimmt Jürgen unter seine Fittiche, lässt ihn ein paar Mal einen Lachs einholen und stattet ihn dann sogar mit einer Fliegenfischrute und Wathosen aus. Ich baue meine eigene Angelrute (bzw. vor allem den Haken-Teil) entsprechend um und probiere es mit nackten Beinen. Nun spüre ich auch tatsächlich ab und zu ein kurzes Vibrieren, aber irgendwie habe ich nicht das Herz, so richtig an der Schnur zu reissen, um einen Fisch «aufzuspiessen». Eine Anglerin schenkt mir schliesslich einen Humpie, anstatt ihn wieder hineinzuwerfen. Damit habe ich mein Ziel erreicht (wenn auch nicht ganz so, wie gedacht), und wir geniessen ganz dekadent Lachsspaghetti zum Abendessen.

 

Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von Gabi und Jürgen und fahren wieder auf den Sterling Highway, der nun bis zu seinem Ende in Homer der Küste folgt. So sieht es zumindest auf der Karte aus… Vom Cook Inlet bekommen wir nur wenig zu sehen, da zwischen Strasse und Meeresarm eine Art Küstenwall verläuft und/oder Bäume die Sicht verdecken… Aber verpassen tun wir eh nicht viel, denn die Wolken hängen immer noch tief und es ist grau und «grusig». Wir lassen auch die verschiedenen Sehenswürdigkeiten (Russisch-Orthodoxe Kirchen und Dörfchen sowie die gerade stattfindende Kenai Peninsula Fair) aus und fahren über eine sehr steile Strasse zum Whiskey Gulch Beach, einem «schönen Platz am Meer», den Silbylle und Hermann vor wenigen Tagen besucht und uns empfohlen haben. Nach Beschreibung im «Milepost» hätte man von der Küste aus einen Panoramablick auf die vulkanische Kette der Chigmit Mountains (Teil der Aleutischen Bergkette) auf der anderen Seite des Cook Inlet mit den aktiven Schichtvulkanen Mount Redoubt und Mount Iliamna, aber eben: tiefhängende Wolken lassen knapp einmal den Blick auf das Wasser zu… Trotzdem gefällt uns der Platz nicht schlecht. Wir beobachten den hohen Tidenhub, der weite Flächen des flachen Strandes freigibt, auf dem Möwen und Weisskopfseeadler in den angeschwemmten Kelphaufen nach Essbarem suchen. Unter anderem werden es auch hier immer wieder Karkassen filetierter Lachse angespült und die Luft riecht hier sehr stark nach verrotendem Fisch…

Auf dem Weg nach Homer fahren wir zuerst zum Anchor Point, dem westlichsten Punkt Nordamerikas (zugänglich über ein durchgehendes Strassennetz). Die Tafel und damit den aller, allerwestlichsten Punkt verpassen wir irgendwie (wäre beim Halibut Campground), das heisst, wir müssen nochmals hierherkommen… 😉 Dafür bekommen wir beim Anchor Point eine tractor boat launch mit: Das sich auf dem Trailer befindliche Boot inkl. Leuten drin wird von einem grossen Traktor übers Watt gezogen und dann am Meer zu Wasser gelassen.  Aufgrund der grossen Gezeitenunterschiede und des flachen Strandes die einzige Möglichkeit, jederzeit ein Boot ein- oder auszuwassern… Wir beobachten noch einen Weisskopfseeadler und sein Junges (eigentlich schon ein Teenager), schwatzen mit einem interessanten Schweizer Reisenden-Paar (wir haben leider die Namen vergessen. Er ist gehbehindert und war trotzdem mit seiner Frau und ihrem angepassten Van schon in Asien und an vielen anderen Orten) und fahren dann weiter auf dem Sterling Highway Richtung Homer. Vom Aussichtspunkt aus, der mit wunderschönen Blumenbeeten dekoriert ist, sieht man den Homer Spit, eine sieben Kilometer lange Landzunge, deren Ende zugleich das südliche Ende des Sterling Highway markiert. Wir bekommen ausserdem fast eine Idee, wie spektakulär die Gegend bei klarem Himmel und Sonnenschein sein muss…
Kurz bevor wir weiterfahren, holen uns Gabi und Jürgen ein und wir schwatzen noch ein bisschen, bis uns der kalte Wind wieder ins Auto treibt.
Wir erkunden nun per Fahrzeug, was wir vom Aussichtspunkt aus gesehen haben und fahren bis ganz ans Ende der Landzunge. Wir passieren den Bootshafen sowie Fähranleger und zahlreiche Hotels, Restaurants und diverse Geschäfte für Touristen. Die Parkplätze sind gut voll und beidseits der Strasse tummeln sich – für unsere Begriffe – Massen von Menschen. Dazu kommen der kalte Wind und die graue Wolkenschicht und uns vergeht die Lust auf einen Bummel. Wir fahren ein bisschen durchs Städtchen, essen etwas Kleines im McDonald’s (wir haben plötzlich das Bedürfnis nach etwas Warmem…). Ein Blick auf die Wettervorhersage verheisst das gleiche, trübe Wetter für die nächsten 10 Tage und wir beschliessen, wieder Richtung Norden zu fahren. Die untere Hälfte von Bergen und weisse Gletscher hinter weissen Wolken haben wir genug gesehen.

Als wir erneut die steile Strasse zum Whiskey Gulch Beach hinunterfahren, wo wir wieder übernachten wollen, sehen wir einen von der Strasse abgekommen Wohnanhänger mit einem Pickup, der sich vergeblich bemüht, den Anhänger aus dem Graben zu bekommen, da er zu leicht ist. Wir bieten unsere Hilfe an, die gerne angenommen wird. Zum Glück kommt unser Gefährt an der Havarie vorbei, so dass es am Strand gewendet werden kann und kurze Zeit darauf zieht Ozy gleich das ganze Gespann bis zur Strasse hinauf. Der Besitzer ist überglücklich und bietet als Dank ein Säckchen Marihuana an, das Ozy dankend ablehnt.

 

Am nächsten Tag fahren wir wieder die Küste hoch, mit einem Abstecher zur Russisch-Orthodoxen Kirche «Heilige Verklärung unseres Herrn» bei Ninilchik und nach Kenai, wo es ebenfalls eine schöne Russisch-Orthodoxe Kirche («Heilige Aufnahme der Jungfrau Maria in den Himmel») sowie weitere historische Gebäude zu betrachten gibt. Das Wetter ist heute etwas besser, was alles sehr viel freundlicher macht.
In Soldotna gehen wir unser Wasser auffüllen, wofür es netterweise eine öffentliche «Zapfstation» vor dem Fred Meyer-Laden gibt. Dort kommen wir mit einem sehr interessanten älteren Herrn ins Gespräch. Er ist der Sohn von Dr. Lloyd J. Roth, der in Los Alamos am Manhattan-Project mitgearbeitet hat (und seine Erfahrungen im Umgang mit Uran später in Chicago im medizinisch-pharmakologischen Bereich anwenden konnte). Herr Roth kann sich noch erinnern, als Kind mit Oppenheimer und co. Mittag gegessen zu haben. – Schon spannend, wen man so kennenlernt!

In Sterling machen wir einen Abstecher zu PW Knives, wo wir ein schönes Messer für Ozys Bruder erstehen, der einen runden Geburtstag feiert (das Messer ist noch nicht fertig und leider erweist sich das Versenden als schwierig – es hängt wohl immer noch irgendwo in oder um LA fest… ☹).

Wir möchten mal noch Lachse sehen und versuchen unser Glück in Cooper Landing, wo der offizielle Fussweg entlang des Flusses aber komplett überwachsen ist. Sibylle, denen wir hart auf den Fersen sind, gibt uns auf Nachfrage den Tipp, zum Moose Creek zu fahren. Also nochmals ein Stück auf dem Seward Highway Richtung Seward und auf einem Pfad durch den Wald bis zum Bach, wo wir tatsächlich einige Rotlachse (Sockeye) beobachten können! Allerdings scheinen dies die letzten Nachzügler zu sein, denn ihre Bewegungen sind schon sehr müde, viele haben ihre leuchtende rote Farbe teilweise verloren und es liegen auch etliche tote Lachse im flachen Wasser, was das ganze irgendwie noch beeindruckender macht.

Mittlerweile ist es schon recht spät und das Wetter wird auch immer schlechter, weshalb wir gleich am nahen Upper Trail Lake bleiben, wo man inoffiziell stehenbleiben kann. Wir sind nicht ganz die einzigen und zu unserem Erstaunen reparieren hier unsere Nachbarn mal eben ihr Wasserflugzeug…
Der See ist überhaupt ein beliebter Ort für Wasserflugzeuge und wir können einige Starts beobachten. Das feuchte Wetter sorgt dafür, dass die Pilze hier buchstäblich aus dem Boden schiessen. Vor allem Fliegenpilze schmücken den Wald mit ihrem leuchtenden Rot-Weiss.

 

Am nächsten Tag werfen wir wieder einen Blick aufs Wetter und beschliessen endgültig, die weitere Küste, namentlich Valdez, für dieses Jahr auszulassen – es ist nur Bewölkung/Regen angesagt (60-100 % bei 8-12 °C). Auch wenn die Vorhersagen nach unserer Erfahrung nicht übermässig verlässlich sind, verheisst doch der allgemeine Trend nichts Gutes. Wir sparen uns die anscheinend sehr schöne Gegend lieber auf und kommen wenn möglich nächsten Jahr – früher! – nochmals (wir werden dann dank und hoffentlich mit Don auch aufs Meer fischen gehen können; das macht auch mehr Spass bei Sonnenschein…).

Zunächst geht es jedoch wieder auf dem Seward Highway am Turnagain Arm entlang, wieder bei richtig fiesem Wetter und 12 °C. In Anchorage stellen wir uns erneut auf den Cabela’s Parkplatz. Wir sind etwas deprimiert und besuchen zur Aufheiterung das Kino und Panda Express. Wenig später treffen wir auch Sibylle und Hermann wieder und es wird erneut ein richtig gemütlicher Abend! Das hilft bei einem trüben Tag!

Am nächsten Morgen fahren wir durch Downtown Anchorage, damit wir wenigsten ein kleines bisschen von der Stadt gesehen haben, und folgen wieder dem Parks Highway, der uns nach Fairbanks bringen soll. Im Vitus in Chugiak erledigen wir Dusche und Wäsche und stellen uns dann auf «unseren» Platz an der Caswell Creek Fishing Site (kurzer Fisch-Versuch, aber ohne Erfolg). Am nächsten Morgen, nicht allzu früh, machen wir uns weiter auf den Weg nach Norden – nur um nach wenigen Kilometern am Ende einer langen Schlange anzukommen. Freundliche Mitmenschen informieren uns, dass es weiter vorne einen gröberen Unfall gegeben habe. Wenig später ist die Strassensperrung auch auf der Website des Verkehrsdienstes drauf. Mit voraussichtlicher Endzeit um 10.48 PM!
Es gibt keine Umfahrung und so kehren wir unverrichteter Dinge wieder zu unserem Übernachtungsplatz zurück, wo wir es uns gemütlich machen. Am nächsten Morgen starten wir einen neuen Versuch und zumindest für uns war die Verzögerung gut: weiter vorne sehen wir ein Stück blauen Himmel und als die Strasse eine Kurve macht, gibt der Grüne Kanal zuerst kurz einen Blick auf die Alaska Range und später sogar auf Denali frei! Wir haben noch ein paar Mal kurz das Vergnügen – jedes Mal, wenn die Strasse einen Moment in die richtige Richtung führt. Jetzt verstehen wir erst, warum alle so ein Theater machen! Der Berg ragt sozusagen aus dem Nichts rund 6’000 m in die Höhe (Talkeetna liegt auf 109 m ü. M., der Denali ist – mit Schnee – 6’190 m hoch).
Als wir nach einer halben Stunde beim südlichen Aussichtspunkt ankommen, haben sich bereits wieder Wolken vor den Berg geschoben und wir können nur noch kurz die oberste Spitze bewundern, bevor er sich kokett ganz hinter den Wolken versteckt. Aber immerhin, wir haben ihn gesehen!

Kaum sind wir wieder nördlich der höchsten Gipfel sind die Wolken weg und wir sehen einen wolkenlosen strahlendblauen Himmel und Sonnenschein! Das erste Mal seit 15 Tagen (mit Ausnahme von 1 Tag), d.h. seit wir in das Gebiet südlich der Alaska Range gekommen sind! Was für eine Freude!!! Wir übernachten wieder auf «unserem» Hügel nördlich des Eingangs zum Denali Nationalpark, wo wir am Abend nochmals ein farbiges Wolken- und Licht-Schauspiel geniessen dürfen.

 

Wir bleiben noch einen Tag, um uns einfach an der Sonne und dem (fast) wolkenlosen Himmel zu erfreuen, bevor wir am nächsten Tag den Abschnitt nach Fairbanks unter die Räder nehmen. Dieser passiert Healy und Nenana (inkl. Alaska Railroad Museum, das wir aber auslassen) und verläuft ansonsten vorwiegend im grünen Kanal, mit einigen wenigen Blicken auf den gelegentlichen Sumpf. Ich kann Ozy überreden, zu einem im Milepost beschriebenen Aussichtspunkt abzufahren, von dem aus man einen Blick auf das Tal des Tanana River und – an einem klaren Tag (den wir heute nicht haben…) – sogar auf die Alaska Range haben soll.  Aber auch hier sind die Bäume schon so weit nachgewachsen, dass der Blick aufs Tal fast vollständig versperrt ist… (eine weitere «Sehenswürdigkeit» ist die auf einem grossen – stark versprayten – Stein montierte Gedenktafel für George A. Parks, den Namengeber dieses Highways).  

Am Abend sind wir wieder bei unseren lieben Freunden Penny und Don eingeladen und auch Kayla ist dabei. Don brät nochmals herrliche Ribeye Steaks auf dem Grill, während wir Tomaten-Mozzarella-Salat beisteuern. Penny übergibt mir zwei wunderschöne Geschenke von Mary und Susan, Pennys Schwester und Mutter, die wir bei unserem letzten Besuch kennenlernen durften: ein herrliches Paar Perlenohrringe mit Raben-Dekor, den ich bei Mary so bewundert hatte, und einen mit einer exquisiten Vergissmeinicht-Perlenstickerei verzierten Stift! Susan und Mary sind zertifizierte Athabasca-Künstlerinnen und entwerfen ihre eigenen Arbeiten, die sie online verkaufen (My Sticks N‘ Stones Shop) .

Ich freue mich riesig! Was für eine schöne Erinnerung an Alaska und diese lieben Menschen!

Am nächsten Abend gehen wir mit Penny und Don Pizza essen (House of Fire Pizza – West, sehr feine Pizza!), da Pagoda in North Pole ausgerechnet montags zu hat. Wir möchten aber sowieso noch einen «Abschieds-Soak» in Chena Hot Springs machen (das ist unser 4. Besuch in zwei Monaten…) und verschieben das «offizielle» Abschieds-Essen mit unseren Freunden kurzum auf den Donnerstag.

Nach dem Baden in der heissen Quelle sehr entspannt gucken wir am Donnerstag in Fairbanks das Museum of the North an, das durch seine Architektur aus dem Universitätscampus hoch über Fairbanks hervorsticht. Die Ausstellung ist schön gemacht, wenn auch für mein Empfinden von den Informationen her etwas überladen und unübersichtlich (die Hauptausstellung, die Gallery of Alaska, befindet sich in einem grossen Raum, der in fünf Unter-Ausstellungen zu den einzelnen Regionen von Alaska unterteilt ist, in denen jeweils Infos zu Natur, Geologie, Landschaft, Menschen und Geschichte sowie Einzelthemen gegeben wird). Ich bin so überfrachtet, das ich die anderen Ausstellungen (u.a. die Kunstgalerie) nicht mehr schaffe; auch zeitlich nicht: seit 21. August ist «Winter» und das Museum macht um 17.30 h zu. Und in den Museumsshop muss ich natürlich auch noch…
Nach einem Ausflug zu Sportsman’s Warehouse in Fairbanks, wo wir noch ein paar Kleinigkeiten besorgen, treffen wir uns mit unseren Freunden Penny und Don gleich in North Pole vor dem Pagoda. Heute ist irgendwie ein besonders beliebter Abend und wir müssen ein Weilchen warten, bis wir einen Tisch bekommen. Aber in guter Gesellschaft macht das ja nichts!

Wir geniessen zum Abschluss wieder eine feine Pu Pu Platter und Ozy und ich teilen uns diesmal ein Hauptgericht. Allzu viel sollten wir sowieso nicht essen, denn Kayla hat Penny als Abschiedsgeschenk Stücke selbst gebackenen – und absolut sensationellen – Cheesekaces mitgegeben, inkl. verschiedene Beerensaucen, die wir als Dessert auf dem Parkplatz verspeisen. Was für ein schöner Abschluss unserer Zeit in Alaska!

Schweren Herzens nehmen wir für dieses Jahr endgültig Abschied von unseren lieben Freunden Penny und Don, die wir nun dem Alaskanischen Winter überlassen, während wir uns auf den Weg Richtung Süden machen. Wir freuen uns schon darauf, Euch nächstes Jahr wieder zu sehen und danken Euch für Eure liebe Gastfreundschaft!

 

Wir bleiben zwei Nächte auf einer Kiesbank am Salcha River, wo wir den vorbeifahrenden Propellerbooten zusehen (und -hören…) können. Das Wetter wird definitiv herbstlich, mit tiefhängenden Wolken. Auf der Fahrt nach Tok klart der Himmel wieder auf und wir können das goldene Leuchten der ersten so richtig verfärbten Bäume geniessen. In Tok übernachten wir wieder auf dem Alaskan Stoves Campground, der uns auf der Hinfahrt schon so gut gefallen hatte. Wir kommen zufällig ins Gespräch mit Larry, der ganz unglücklich ist, weil der Wassertank seines Trailers durch die rumpeligen Strassen heruntergefallen ist. Jetzt muss er bis Anfang nächster Woche auf eine Reparatur warten und hätte doch eine Campsite in einem Nationalpark reserviert. Ozy guckt sich die Sache aus der Nähe an. Eine Halterung ist gebrochen, aber es lässt sich reparieren! Mit Hilfe von Larry und einem Wagenheber schafft er es, den Tank wieder in Position zu bringen und mit einigen, von Larry dafür in Tok erstandenen Ratschen-Zurrgurte zu fixieren. Das wird für die Heimreise reichen! Larry ist überglücklich und bedankt sich mit einer Geldspende – die wir dankbar gleich in ein feines Znacht bei Fast Eddie’s investieren.

 

Von Tok aus wollen wir nun noch den Top of the World Highway fahren, der uns nach Kanada bringen wird. – Aber davon mehr im nächsten Blog.

4 Gedanken zu „Alaska, Teil 2: Berge, Küste und Regenzeit

  1. Gratuliere zum Lachs! Und ja, tolle Sonnenuntergänge, in der Tat 😉
    Weiterhin gute Reise & viel Spass, bitte niemals aufhören mit Euren Erzählungen!
    Grüessli vom Walchwilerberg, Tim

  2. Danke für die wieder wunderschönen Bilder!!!$
    Besonders fasziniert hat mich der ‚weiße‘ Enzian, der beim ‚Herauskommen‘ aber auch noch blau ist!!!
    Und jetzt freue ich mich wieder auf ein baldiges Wiedersehen!!!
    Ganz liebe Grüße und Küsslis von eurer Ilse

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